Hotel Albris Geschichten

Vier flinke Hände für die Bäckerei Kochendörfer

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Er formt gute Brote, sie verpackt feine Engadiner Torten. Paulo und Sandra Carvalho-Silva arbeiten seit 15 Jahren im Hotel Albris. Die Finanzkrise zwang sie dazu, Portugal als junge Familie zu verlassen.

6.30 Uhr. Paulo und Sandra sitzen im Mitarbeiterraum und frühstücken. Sie gönnen sich ein ofenfrisches Brötchen und reden über private Alltagsdinge: den Einkauf, der zu erledigen ist, oder den Hund, der ausgeführt werden will.

Die beiden sind seit 26 Jahren verheiratet und arbeiten seit 15 Jahren im Hotel Albris. Paulo ist Chefbäcker und hat soeben seine Schicht beendet. Sandras Arbeitstag dagegen geht in Kürze los, sie arbeitet im Team des Bäckereiladens. Tätig ist sie meist im Hintergrund und insbesondere für das Einpacken der verschiedenen Torten und Feingebäcke zuständig. Vorne an der Verkaufstheke steht sie nur selten.

Sandra kommt oft etwas früher ins Hotel Albris, damit sie mit ihrem Mann frühstücken kann. Das Paar legt viel Wert auf gemeinsame Mahlzeiten: «Zeit als Familie zu verbringen, ist für uns das Wichtigste. Darum essen wir jeden Tag zusammen mit unserem erwachsenen Sohn zu Abend.»

Der ausgeprägte Familiensinn hat auch mit ihrer Herkunft zu tun. Beide wachsen in kinderreichen Familien in Paços de Ferreira auf, einer industriell geprägten Kleinstadt nördlich von Porto. Sandra Marisa Torres Silva hat sechs Geschwister, Raul Paulo Goncalves Carvalho deren vier.

Als Teenager ineinander verliebt

So schön die portugiesischen Namen klingen, so bescheiden sind die Familienverhältnisse. Geld, um den Kindern eine Ausbildung zu ermöglichen, ist nicht vorhanden. Paulo arbeitet schon als Dreizehnjähriger in einer Möbelfabrik, malt Stühle und Tische an. Sandra fängt mit fünfzehn als Näherin in einer Kleiderfabrik an. Zu dieser Zeit verlieben sie sich ineinander. Kaum erwachsen, heiraten sie und bekommen bald darauf einen Sohn. Später kaufen sie sich eine Wohnung, wo sie als junge Familie glücklich und zufrieden leben. Doch dann kommt das Jahr 2008 und die weltweite Finanzkrise. Der Hypothekarzins verdoppelt sich schlagartig, Paulo und Sandra benötigen dringend ein höheres Einkommen, um die Wohnung abbezahlen zu können.

Nach Pontresina kommen sie dank einer Schwägerin von Sandra. Diese arbeitet in einem Kiosk mit Sicht auf das Hotel Albris. Also läuft sie hinüber und fragt Claudio Kochendörfer, ob er nicht eine Arbeit für Sandra und Paulo hätte. Dieser will zuerst nur Paulo anstellen, doch schliesslich lässt er sich überzeugen, auch Sandra zu beschäftigen. Und er sollte es nicht bereuen: «Wir sind sehr froh, Sandra und Paulo zu haben. Sie sind zuverlässig, arbeiten genau und eigenverantwortlich. Auch als Ehepaar sind sie eine wichtige Stütze im Team.» Paulo beginnt als Hilfskraft in der Küche, wäscht Geschirr und Pfannen ab. Nach einer Saison wechselt er in die Backstube, zuerst als Brot­auslieferer, dann als Hilfsbäcker. Er erweist sich als sehr geschickt und pflichtbewusst, so dass ihn Claudio Kochendörfer zum neuen Chefbäcker befördert, als der alte in Pension geht.

Von der Hilfskraft zum Chef

Paulo sagt: «Ich mag die Arbeit als Bäcker. Mir gefällt es, den Teig mit Händen zu bearbeiten und Brotlaibe zu formen. Da die Familie Kochendörfer viel Wert auf Qualität legt, bereiten wir jedes Gipfeli und jedes Brötchen frisch und von Hand zu.» Das Arbeiten in der Nacht mache ihm übrigens nichts aus, da er sein Schlafverhalten an freien Tagen problemlos umstellen könne. Wichtig ist ihm, dass die rund 40 Brotsorten, die täglich gebacken werden, immer gleich schmecken. «Entscheidend ist, die Teiglaibe im richtigen Moment in den Back­ofen zu schieben – sobald sie optimal aufgegangen sind. Gehen sie zu früh in den Ofen, wird das Brot zu wenig luftig; gärt der Teig zu lange, entwickeln sich zu viele Säurearomen.»

Den Aufgehprozess regulieren kann Paulo mit der Temperatur des beigemengten Wassers. Ist es eher kalt, geht der Teig langsamer auf; ist es warm, geht er schneller auf. Auch die Luftfeuchtigkeit spielt eine Rolle. Ob draussen die Sonne scheint oder Regen fällt, muss Paulo ebenfalls berücksichtigen.

Falls einmal ein Brot nicht schön geformt ist oder die Gipfeli zu hell gebacken sind, ist Sandra die erste Kritikerin, die sich nicht scheut, bei ihrem Mann zu reklamieren. Ihre Aufgabe am frühen Morgen ist es nämlich, die frischen Brote in die Verkaufsregale zu legen und auf Mängel zu prüfen. Anschliessend begibt sie sich in den Einpackraum im Untergeschoss. Hier ist ihr «Reich». Sandra ist fürs Verpacken der feinen Köstlichkeiten aus der Konditorei verantwortlich. In der Hochsaison packt sie bis zu 200 Engadiner Torten an einem Tag ein, hinzu kommen Nusstorten, Steinbocktorten und Schachteln mit Konfekt. Sie sagt: «Ich führe gerne feine Arbeiten mit den Händen aus. Die Kunst ist es, schnell und gleichzeitig präzise zu sein. Meine frühere Tätigkeit als Näherin kommt mir dabei bestimmt zugute.»

«Wir bleiben bis zur Pension»

Sandra und Paulo schätzen ihre Arbeit und die familiäre Stimmung im Hotel Albris: «Nach all den Jahren fühlt es sich so an, als ob es auch unser Haus wäre.» Ihr Sohn Bruno ist in Pontresina aufgewachsen und spricht neben Portugiesisch auch fliessend Deutsch, Romanisch und Italienisch. Sie leben als dreiköpfige Familie in einer Mietwohnung. Als sie kürzlich aus ihrer alten Wohnung ziehen mussten, konnte ihnen das Hotel Albris eine neue zur Verfügung stellen. Sandra und Paulo sind sehr dankbar dafür, denn im Engadin ist es enorm schwierig geworden, eine bezahlbare Wohnung zu finden.

Als Ehepaar haben sie meistens zusammen frei, sicher einen Tag pro Woche, oft auch zwei. Dann machen sie gerne Ausflüge in die Natur. Sie mögen die Ruhe der Berge und fühlen sich inzwischen richtig heimisch in Pontresina. «Wenn es nach uns geht, bleiben wir bis zur Pensionierung im Hotel Albris.» Und dann? «Dann gehen wir wohl wieder zurück nach Portugal in unsere abbezahlte Wohnung.»

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