Die Brüder Afonso und Duarte Ferreira kennen das Hotel Albris in- und auswendig. Sie arbeiten schon seit 30 Jahren im Haus. Als Portier und Koch.
Duarte kommt um 8.30 Uhr ins Hotel Albris. Sein Arbeitsplatz ist die Küche. Er fängt an, Kartoffeln und Gemüse zu rüsten. Eine gute Vorbereitung – das Mise en Place – ist das A und O einer gut organisierten Hotel- und Restaurantküche. Seine Position ist die des Entremetiers. Das bedeutet, dass er für die Zubereitung der Beilagen und Suppen zuständig ist.
Sein Bruder Afonso ist dann schon gut zweieinhalb Stunden bei der Arbeit. Er hat bereits das Restaurant staubgesaugt, eine Getränkelieferung verstaut und den frisch gefallenen Schnee vor dem Hotel weggeschaufelt. Er ist Portier und neben dem Transport von Gästen und Gepäck für alles Mögliche sonst verantwortlich. So hilft er bei der Wäsche mit, erledigt Reparaturarbeiten, behält im Keller den Überblick und natürlich chauffiert er Gäste zum Bahnhof oder holt sie von dort ab.
Das Hotel Albris ist für die beiden Brüder so etwas wie ihre zweite Heimat. Seit gut 30 Jahren arbeiten sie schon im Haus. Sie fingen unter Oscar und Agnese Kochendörfer an, als deren Kinder Stephanie und Claudio noch in den Ausbildungsjahren waren.
Wir kochen immer frisch
Duarte, inzwischen 52 Jahre alt, erinnert sich: «Meine erste Saison verbrachte ich in der Backstube. Danach kam ich in die Küche zum damaligen Küchenchef Dieter Kohl. Von ihm habe ich alles gelernt.» Seither kocht er (mit wenigen Saisons Unterbruch) im Hotel Albris. «Die Arbeit gefällt mir gut, wir kochen immer alles frisch, die Qualität ist hoch. Und ich schätze, dass wir auch als Mitarbeiter top Qualität erhalten: Wir essen ausgezeichnet, haben ein schönes Zimmer und erhalten immer pünktlich Lohn. Darum bin ich schon so lange hier. Ich habe keinen Grund, um zu wechseln.»
Und was sagt Afonso auf die Frage, warum er schon so lange im Hotel Albris arbeitet? «Ich mag es, wenn ich immer weiss, wo und was zu tun ist. Das gibt mir Sicherheit und Ruhe.» Auch er, der sechs Jahre älter ist als sein Bruder, fing in der Backstube an. Danach war er kurz als Abwascher in der Küche und fand schliesslich seine Berufung als Portier. «Meine Aufgaben sind abwechslungsreich. Ich habe im ganzen Haus und mit allen Abteilungen zu tun. Das gefällt mir.»
Wo der Portwein
herkommt Afonso und Duarte Ferreira Da Silva stammen aus der Douro-Region, einer malerischen und fruchtbaren Hügellandschaft im Norden Portugals. Duarte und Afonso wachsen auf einem kleinen Landwirtschaftsbetrieb auf, helfen dem Vater, Kartoffeln und Gemüse anzubauen und Kastanien zu ernten. Berühmt ist die Gegend für den Portwein, der hier im grossen Stil angebaut wird. Die Terrassen-Rebgärten rund um den Fluss Douro gelten als älteste Weinbauregion der Welt und gehören zum Weltkulturerbe der UNESCO.
Pflichtbewusst und zuverlässig
Die Verdienstmöglichkeiten sind gleichwohl überschaubar geblieben. Viele junge Männer und Frauen aus der Douro-Region verlassen ihre Heimat, um ihr berufliches Glück woanders zu suchen. Und auffällig viele von ihnen werden im Engadin fündig. Man empfiehlt sich gegenseitig weiter, sucht auch für den Bruder, die Cousine oder den Nachbarn einen Job.
Auf diese Weise kamen auch die Ferreira-Brüder ins Engadin. Afonso, der Ältere, bekam einen Küchenjob in St. Moritz, einige Saisons später konnte er seinen jüngeren Bruder ans gleiche Hotel vermitteln. Dort blieben sie ein paar Jahre, bis das Hotel den Besitzer wechselte und für längere Zeit geschlossen blieb. Die Brüder mussten einen neuen Job suchen.
Duarte bewarb sich im Hotel Albris. «Meine erste Saison war im Sommer 1994», erinnert er sich. Im Herbst ging er zurück nach Portugal – und verunglückte. Er stürzte mit dem Motorad. «Ich lief an Krücken und konnte die Wintersaison nicht wie geplant im Hotel Albris arbeiten. Also organisierte ich einen Ersatz», lacht Duarte und zeigt auf Afonso. Im Sommer 1995 kamen dann beide nach Pontresina und blieben der Familie Kochendörfer bis heute treu. «Wir sind froh, dass wir schon so lange auf die beiden zählen dürfen», sagt Claudio Kochendörfer, «sie sind loyal, pflichtbewusst und zuverlässig. Nur Änderungen im Arbeitsablauf haben sie nicht so gerne.»
Die Zwischensaison verbringen Afonso und Duarte immer zu Hause in Portugal, wo sie ein schönes Haus und etwas Land besitzen, auf dem sie Gemüse anbauen. Angesprochen auf das Thema Heimweh antworten sie: «Natürlich vermissen wir Portugal. Das ist normal. Aber wir sind dankbar für die gute Arbeit, die wir hier haben. Und wir freuen uns auf die Pensionierung.»