Unser Chef de Service kommt aus der Toskana. Als ausgebildeter Sommelier weiß Maurizio Morelli, wie der richtige Wein ein gutes Essen zu einem besseren macht.
Seine Heimat ist Carrara in der Toskana, berühmt für den weißen Marmor, der in der Gegend abgebaut wird. Hier lebt Maurizio Morelli mit seiner Frau und den zwei Kindern: ein neunjähriger Junge und ein siebenjähriges Mädchen. Das Meer liegt nur sechs Kilometer von seinem Haus entfernt und Maurizio liebt Spaziergänge am Strand. „Vor allem bei rauer See, das entspannt mich und gibt mir Kraft für die Arbeit.“
Sein Arbeitsort liegt 410 Kilometer weiter nördlich im Restaurant Kochendörfer. Vor zweieinhalb Jahren fing Maurizio als Kellner an, im vergangenen Sommer hat er den freigewordenen Posten des Chef de Service übernommen. Der 39-jährige Toskaner ist somit Nachfolger von Umberto Sanino, der mehr als 20 Jahre in den Diensten des Hotels Albris stand und nun eine neue Herausforderung als Zugbegleiter bei der Rhätischen Bahn angenommen hat.
„Eine Sprache lernt man im Gespräch mit Menschen.“
„Maurizio tritt in große Fußstapfen. Doch er ist ein erfahrener und hervorragend ausgebildeter Restaurantfachmann mit viel Charme. Wir sind sehr dankbar für ihn“, sagt Stephanie Kochendörfer. Führungsverantwortung zu tragen, ist sich Maurizio gewohnt. Bereits in Forte dei Marmi, einem mondänen Badeort unweit von Carrara, war er als Chef de Service in verschiedenen Fünfsternehotels tätig. In der Schweiz und in den Bergen zu arbeiten, sei für ihn aber eine Umstellung gewesen. „Vieles war neu und fordernd für mich, etwa die deutsche Sprache oder die kulinarische Tradition.“
Deutsch übt er mit Privatlektionen und Internetkursen. Er ist jedoch der Meinung, dass man eine Sprache erst im Gespräch mit Menschen richtig lernt, vor allem, wenn die Gäste neben Hochdeutsch auch Schweizerdeutsch in verschiedensten Dialekten reden. „Einer sagt drü, die Nächste drai, ein Anderer dräi. Solche Nuancen sind nicht immer leicht zu verstehen“, erklärt er schmunzelnd.
Auch mehrere Gerichte auf der Speisekarte waren Neuland für ihn. „In der Toskana pflegen wir eine leichte Küche mit wenigen Zutaten. Etwas Olivenöl, ein Schuss Zitrone, basta. Im Hotel Albris hingegen werden viele Gerichte aufwendig und mit Butter oder sogar Rahm zubereitet. Auch Spätzli und Wildspezialitäten kannte ich nicht.“
Von Anfang an wie zuhause fühlte er sich mit der Fischtradition des Restaurants Kochendörfer, das seit 1985 mit dem Gütesiegel Goldener Fisch ausgezeichnet ist. „Mit Fisch kenne ich mich natürlich aus, nur Egli habe ich zuvor noch nie gegessen. Ich war überrascht, wie gut er schmeckt.“
„Wein ist für mich Kulturgut und Lebensfreude.“
In der Regel arbeitet Maurizio zehn bis vierzehn Tage durch, um danach drei oder vier Tage frei zu haben. „Ich bin der Familie Kochendörfer sehr dankbar für diese Regelung. So kann ich regelmäßig nach Hause fahren und Zeit mit der Familie verbringen.“ Gut viereinhalb Stunden Fahrzeit benötigt er, wenn er ohne Stau durch Milano kommt. In Pontresina wohnt er in einer kleinen Personalwohnung, die ihm das Hotel Albris zur Verfügung stellt. Seine Familie, die während den Schulferien zu Besuch kommt, kann er auch darin unterbringen.
Maurizio sagt von sich, er sei der geborene Kellner. Nie hat er einen anderen Beruf ausgeübt. Bereits als kleiner Junge liebte er es, bei Feierlichkeiten Kaffee und Kuchen zu servieren. Also ging er an die Scuola Alberghiera, die Hotelfachschule, und bildete sich zum Restaurantfachmann aus. Weiter absolvierte er alle drei Ausbildungsstufen bei der italienischen Sommelier-Vereinigung.
Wein ist seine große Leidenschaft und für ihn als Toskaner Kulturgut und Lebensfreude. Der erfahrene Sommelier weiß, wie der passende Wein ein gutes Essen zu einem besseren macht. „Wein und Speise müssen sich geschmacklich ausbalancieren. Weder das eine noch das andere darf den Gaumen dominieren.“ Oft entsteht diese Geschmacksharmonie, wenn das Essen mit regionalem Wein kombiniert wird. Rund ein Viertel der angebotenen Weine stammt deshalb aus der Bündner Herrschaft oder dem Veltlin. Edle Tropfen aus traditionellen Weinbaugebieten in Italien und Frankreich komplettieren die erlesene Weinkarte des Kochendörfer’s. Hinzu kommen laufend wechselnde Weinraritäten. „Die Angebote in unserer Weinvitrine sind zum Teil sehr exklusiv und im Vergleich zu anderen Orten äußerst preiswert. Meist haben wir nur zwei, drei Flaschen vom gleichen Wein im Angebot. Fragen Sie danach, es lohnt sich“, empfiehlt der Chef de Service.
„Wir verstehen uns super im Team. Auch mit der Küche.“
Auf die Frage, was ihm im Hotel Albris besonders gefällt, sagt er: „Die gute Kameradschaft. Wir verstehen uns super im Team. Auch mit der Küche, was in vielen Betrieben keine Selbstverständlichkeit ist.“ Claudio Kochendörfer lobt Maurizio, weil er viel zur guten Stimmung beiträgt: „Er ist ein feiner Kerl, der es mit allen gut kann.“
Ins Hotel Albris kam der Toskaner dank Stefano Bava, dem Küchen-Souschef. Die beiden hatten zwei Jahre in einem Hotel in Pontresina gearbeitet und wurden Freunde. Während Stefano im Engadin blieb, ging Maurizio zurück in die Heimat, da seine Frau das zweite Kind geboren hatte.
Dann kam das Coronavirus, unter dem Italien besonders stark litt. Die Restaurants waren zu, Maurizio hatte kaum noch Einkommen und musste sich nach neuen Verdienstmöglichkeiten umschauen. Stefano vermittelte ihn schließlich an die Familie Kochendörfer.
Maurizio ist gerne in Pontresina. „Die Arbeit macht Spaß und die Gegend ist wunderschön. Ich liebe Waldspaziergänge und den Blick von der Steinbockpromenade. Aber man muss sich warm anziehen, ich frier hier auch im Juli“, meint er lachend.
